Mittwoch, 8. April 2015

Flussradtour, Grau in Grau

Für den ersten Brevet des Jahres hat Stefan zur Premiere seines neuen Startorts ins Saarland geladen. An das Saarland erinnere ich mich gerne, vor zwei Jahren sind wir den Saarlandradweg entlang der Landesgrenzen abgeradelt. Eine wirklich schöne Runde, die nicht nur Flüssen folgt und einige Höhenmeter aufweist. Der Brevet über 200 Kilometer hingegen beginnt bei Saarlouis und folgt der Saar, um bei Konz die Mosel auf Luxemburger Seite ein Stück zu begleiten. Dann geht es auf einen Abstecher nach Lothringen, um durch ein paar Hügel ins Saarland zurückzukehren.

Gemeinsam mit Ralf und Matthias reise ich frühmorgens an. Über Nacht hat es hier in Wallerfangen gefroren, und die Vorhersage kündigt für den Nachmittag Regen an. Ich bin in dieser meiner dritten Saison recht entspannt, und so bleibe ich auch gelassen, als Ralf noch seine Schuhe wechselt und das Feld schon an uns vorbei rauscht. Zehn Minuten später rollen auch wir los und genießen die ersten Meter des Brevets.

Das erste Drittel der Strecke führt uns nach Norden entlang der Saar. Nach ein paar Metern auf dem Rad kommen wir in eine für den motorisierten Verkehr gesperrten Landstraße, die uns das Fahren versüßt. Ganz zaghaft zeigt sich die Sonne, als wir die Saarschleife ansteuern, die Stefan für ein Saarlandbrevet unausweichlich findet. Die Straße lässt hier ihren geteerten Belag hinter sich und verläuft über wenige Kilometer auf feinem Schotter. "Mehr davon!" sind Matthias und ich uns einig. Meiner Ansicht nach sind zu viele Brevet-Streckenführungen von den Rennrädern der Teilnehmer geprägt, und geben eher von Autos befahrenen Straßen als Rad- und Forstwegen den Vorzug. Auch hinsichtlich meines zukünftigen Rades denke ich mehr und mehr über den vielleicht unnötigen Luxus asphaltierter Straßen für uns Randonneure nach.

Langsam kommen die ersten Randonneure in Sicht, wir nähern uns ja dem Feld von hinten. Mit zwei Karlsruhern rollen wir in die erste Kontrolle in Konz, am Zusammenfluss von Saar und Mosel gelegen. In einem Bioladen gibt es einen Premieren-Gruß des Veranstalters in Form von Schokolade. Die Sonne ist wieder grauen Wolken gewichen, die den Tag bis zur Abenddämmerung prägen.

Nun folgen wir der Mosel und drehen nach Süden. Schlagartig wird uns bewusst, dass das unbeschwerte Vorankommen auch dem Wind zu verdanken war, der uns anschob. Nun müssen wir gegen ihn anschieben. Gegenwind ist so gar nicht mein Fall, ohne Gewicht am Körper und die nötige Muskelmasse in den Beinen komme ich nicht so richtig gegen ihn an. Außerdem vergeht mir dabei etwas die Lust. Glücklicherweise ist Matthias dabei, der sich für ein paar Dutzend Kilometer stoisch hindurch drückt. Ich klemme mich dran.

Wir folgen der Mosel am Luxemburger Ufer, wo ein kleiner Radweg entlang der von Autos zügig befahrenen N10 entlang führt. So kommt bei mir keine Bewunderung für dieses Land auf, und nach zähem Kampf überqueren wir schließlich die Grenze nach Frankreich. Nach dem grauen Luxemburg verlassen wir die Mosel dann auch schon wieder.

Nach der zweiten Kontrollstelle in Koenigsmacker vor Thionville führt die Strecke durch hügeliges, baumarmes Land, in dem mich der Wind weiterhin ärgert. Es bleibt grau. Bei den Anstiegen bekommen meine Beine nun etwas zu tun, und ganz langsam komme ich in die richtige Stimmung für die Langstrecke. Den Wind vergessen und etwas suchen, das den Kopf beschäftigt. Ein kleines Highlight ist die verlassene Bahnstrecke, die wir vor Vigy überqueren. Wohl erhalten für ein Museumsbähnchen, schlängelt sie sich auf morschen Schwellen in Richtung Metz, das unter diesem grauen Himmel vor uns liegt.

Kurz darauf biegen wir scharf links ab, und für einige Minuten haben wir den Wind wieder im Rücken. Das gibt mentalen Antrieb für den Weg zur dritten Kontrollstelle in Courcelles-Chaussy. Auf dem Weg dorthin treffen wir Stefan, der sich mal vor und mal hinter uns die Hügel empor tritt. Wir plaudern über Brevetpremieren und Streckenführung. Stefan betont, dass die Strecke für Freiburger Randonneure natürlich lächerlich flach sei. Und auch Matthias und hat einige Anhöhen erblickt, auf denen man doch wunderbar eine Kontrolle einfügen könnte...

Nach Café au Lait und Éclairs in einer Bäckerei drehen wir die Räder nach Nordosten, mit dem Wind im Rücken! Obwohl noch ein paar Höhenmeter vor uns liegen, fliegen wir jetzt zurück zum Start. Dieser Teil gefällt mir landschaftlich am besten. Die Straßen werden kleiner---bis hinunter zur wunderschönen Kommunalstraße C2---und die Ränder bewaldeter. Hinter der Grenze quert hier der Saarlandradweg. Der versprochene Regen kommt genieselt, vermag uns aber nicht mehr zu bremsen. Bevor er doller wird und das Grau sich mit der Nacht vermischt, sind wir schon wieder in Wallerfangen und stellen die Räder ab.

Nach kleineren mentalen Startschwierigkeiten macht der graue 200er Lust auf die nächste Langstrecke. Am liebsten in Farbe.

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